Computerspiele entwerfen mit Unity
Vielleicht ist es wahr, dass Computerspiele zur Verdummung des Menschen beigetragen haben. Aber die Tatsache, dass diejenigen, die diese These vertreten, oft selbst nicht die Allerschlauesten sind, sollte uns zutiefst beunruhigen; weist es doch darauf hin, dass es noch viele andere Quellen der Dummheit geben könnte. Und so lange nicht gewiss ist, wo die Urquelle aller Dummheit steckt, liegt es nahe, dass wir es hier bloß mit einer Symptom-Beschreibung zu tun haben. Der Urquelle aller Dummheit nachzugehen ist eigentlich eine ganz unmögliche Sache, wenn man bedenkt, wie lange die Menschheit schon existiert, ohne je Aussicht auf Erfolg bei der Suche nach ihr gehabt zu haben. Man darf wohl annehmen, dass die Urquelle der Dummheit selbst über eine außerordentliche Intelligenz verfügt, die jeden Versuch, sich ihr zu nähern, vergeblich werden lässt. Kurzum, man verschwendet mit solchen Thesen seine Zeit. Verbringen wir sie also mit etwas Sinnvollerem, z.B. etwas, das Spaß macht. Und Computerspiele tun das gewiss.
Wenn man nur einmal bedenkt, wie wenig man eigentlich braucht, um Computer zu spielen (also „wenig“ in Relation zu westlichen Lebensstandards): Man beschränkt sich auf eine Tastatur oder einen Controller, einen Computer und einen Bildschirm, und kann sich damit etliche Stunden beschäftigten. Unsere Augen, Ohren, unser Geist und unsere Geschicklichkeit sind gefordert, es belebt, man macht Erfahrungen, und womöglich lernt man dabei auch ein paar neue Freund_Innen kennen.
Vermutlich wird jede_r ein Lieblingsspiel haben, so wie man ein Lieblingsbuch oder einen Lieblingsfilm haben kann, und sicher wird es auch ein Spiel geben, von dem man sagen kann, dass dieses einen auf besondere Weise geprägt hat. Man denke – und ich vermute, dies gilt durchaus für so einige Generationen – etwa an Pokémon, die wir alle auf unseren Game Boys bekämpft, gefangen, gesammelt und getauscht haben. Oder meinetwegen Counter Strike: Hat es erfüllendere Momente gegeben, als immer wieder diese Terroristen zu bekämpfen oder umgekehrt, als Terrorist die Geiseln gefangen zu halten und Spezialeinheiten abzuknallen? Sicher, man wird diese Fragen verschieden beantworten können; und sicher: Counter Strike ist ein Spiel, das vermutlich vorwiegend von jenen gespielt wurde, die in den 90ern geboren wurden und darüber hinaus das Privileg hatten, einen Rechner zu haben und einen brauchbaren Internetanschluss…
Eine völlig andere Sache ist es nun aber, selbst Computerspiele zu entwerfen, ganz nach eigenem Belieben und eigener Kreativität. Game-Engines machen es möglich: sie sind – und das ist durchaus eine begrüßenswerte Entwicklung – nutzerinnenfreundlich geworden. Früher musste man vorher Informatik studiert haben und Mitarbeiter_In (in der Regel: männlich) eines Unternehmens sein, welches Computerspiele produziert, denn der Zugang war für die meisten durch große Hürden verstellt. Heute muss man einfach nur Bock haben, ein Spiel zu programmieren: Auf YouTube-Kanälen wird man geeignete Lehrer_Innen (in der Regel aber: männlich) finden, die einem das Programmieren vermitteln. Oder man beschäftigt sich mit Büchern, die einem auf solide Weise die Grundlagen vermitteln, wie z.B. das Buch von Thomas Theis: „Einstieg in Unity“ (2021), oder Carsten Seiferts und Jan Wislaugs Buch „Spiele entwickeln mit Unity 5“ (2017). Beide Bücher beschäftigen sich, wie aus dem Titel hervorgeht, mit der sehr vielseitigen Game-Engine Unity (wenn man weiß, dass man ein 2D-Rollenspiel erstellen möchte, so kann man stattdessen auch RPG Maker heranziehen). Sie beinhalten auch einige Lektionen über C#, da die Engine mit dieser Programmiersprache erstellt wurde. Und man sollte wissen, dass wer C# versteht, zugleich auch ein gutes Verständnis für andere Programmiersprachen entwickelt, denn bei jener handelt sich um eine sehr mächtige Programmiersprache. Man lernt also kurzum, wenn man Computerspiele entwerfen möchte, auch ein wenig Programmieren, doch das sollte nicht allzu schwer sein, man muss es nur wollen!
Das erstgenannte Buch von Thomas Theis eignet sich m. E. für Leute, die direkt an einem Projekt arbeiten wollen, also unmittelbaren Erfolg brauchen, um sich weiterhin zu motivieren. Man arbeitet sich dabei an vorskizzierten Computerspielen ab und soll, gewissermaßen schrittweise, diese Spiele vervollständigen. Es hat in diesem Sinne durchaus pädagogische Qualitäten.
Das zweitgenannte Buch von Carsten Seifert und Jan Wislaug erinnert hingegen an jene Grundlagenbücher, die man aus den Ingenieurswissenschaften kennt. Es richtet sich eher an erfahrene Leute, die zwar nicht unbedingt Programmierer_innen sein müssen, aber auch keine Berührungsängste mit dem Programmieren haben. Weil es einen guten Überblick über alle Funktionen verschafft, kann man dieses Buch auch gut als Nachschlagwerk gebrauchen.
Literatur
C. Seifert und J. Wislaug (2017): Spiele entwickeln mit Unity 5, München, Hanser Verlag.
T. Theis (2021): Einstieg in Unity, Bonn, Rheinwerk Verlag.