Einige Strategien angesichts einer vorhersehbaren Klimakatastrophe Gelassenheit zu erlangen.
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Sich einem Gott anvertrauen, d. h. religiös werden.
Am besten im altmodischen Stil, sodass alles, was auf der Welt passiert, zu einem großen Makel erklärt wird. So werden wir z. B. alle zugrunde gehen, weil wir schon gesündigt haben, bevor wir geboren wurden; oder wir haben schlechtes Karma. Oder: Gott rächt sich an uns – und das zu Recht! –, einfach, weil er kann; oder: wenn wir alle gläubig werden, dann wird er uns erlösen. Verschiedenste Glaubensszenarien sind hierbei denkbar, aber die Hauptsache ist: man hat einen Gott, dem man sich angesichts der bevorstehenden Katastrophe anvertrauen kann. Dann ist auch alles egal. Dafür gibt es ja dann auch ein Jenseits: Z. B. wo das Wetter immer stimmt, Jungfrauen/*Männer usw. (siehe Bibel, Koran etc.). – Wo immer es kriselt, da prosperiert die Religion + Unvernunft + Menschenhass/Liebe.
Nachteil: Die Probleme im Diesseits bleiben trotzdem bestehen. -
Experte oder Expertin werden und den von Menschen gemachten Klimawandel leugnen.
Dann kann man auch nicht viel ändern, da es eh nichts bringt. Füße hochlegen und entspannen! Wenn man in der Lage ist, möglichst pointierte Sätze zu formulieren, könnte es sein, dass man ins Parlament gewählt wird (die AfD hält dir Plätze frei). Dann gibt‘s auch eine dicke Beamtenbesoldung plus Rente!
Nachteil: Könnte sein, dass man sich daran stört, dass doch so viele an den menschen-gemachten Klimawandel glauben; und dann verliert man doch wieder seine Ruhe. -
Ein:e resignierte:r Adornit_In werden.
Am besten dabei kein einziges Buch von ihm gelesen haben: Es reicht aus, den Satz: „Es gibt kein Richtiges im Falschen“ zu zitieren, vielleicht auch: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen“. Man sollte, um Kenntnis zu suggerieren, sagen, dass dieser Satz ja eigentlich nicht von Adorno stammt. Und dann sollte man sich diesen Satz zum Lebensmotto machen, denn dann kann einen nichts mehr überraschen, selbst dann, wenn die Dinge absolut schieflaufen: Man hat es ja eh schon gewusst.
Nachteil: Das Leben macht dann auch kein Spaß mehr, denn jedes Fünkchen Spaß könnte schon ein Zugeständnis an die falsche Welt sein. -
Die These aufstellen, dass die Welt komplex ist.
Dann kann man auch die Rede von einer bevorstehenden Klimakatastrophe ganz gelassen zurückweisen, weil man darauf erwidern kann, dass eine solche Vereinfachung der Komplexität der Welt nicht gerecht werden kann.
Nachteil: Man muss mit dem Vorwurf rechnen, dass man seinerseits zu unterkomplex denkt, wenn man immer nur behauptet, die Dinge seien komplex. -
So grundsätzlich wie möglich über den Begriff der Verantwortung nachdenken.
Z. B. von Verantwortung reden und sagen, dass man Verantwortung wichtig findet und auch das Thema – aber was meinen wir eigentlich damit, wenn wir von Verantwortung reden? Vor wem? Vor was? Wer ist das Subjekt der Verantwortung? Gegenüber wem oder was übernehmen wir Verantwortung? Wer kann überhaupt Verantwortung übernehmen? Was hat Verantwortung mit Antworten zu tun? – Eine Begriffsanalyse könnte helfen, den Begriff präziser einzusetzen: → Forschungsantrag stellen usw. = akademische Laufbahn usw. – und und und …
Nachteil: Der theoretische Scharfsinn kann durchaus zur analytischen Blindheit und intellektueller Selbstgefälligkeit führen. Bei Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. -
Aus der Katastrophe eine Herausforderung machen.
Am besten wäre es, sich jetzt schon mal darauf vorzubereiten: Nahrungsvorräte anlegen, eisbaden gehen, fasten, sich der Wildnis aussetzen (Amazonas, Antarktis, verlassene Inseln) und so weiter. Das weiche Polster der Zivilisation kann in jedem Fall nur hinderlich sein, wenn es um das nackte Überleben geht. Rüdiger Nehberg (R.I.P.) hat es in den 80ern ja schon vorgemacht und gezeigt, dass Survival belebt und auch Spaß machen kann.
Nachteil: Bei zu viel Abenteuer holt man sich womöglich eine fiese Vergiftung, von der man sich nie wieder erholen kann. -
Abstumpfen.
Zum Beispiel, indem man sich jeden Tag die schockierendsten Nachrichten anschaut. Sicherlich gibt es da aber auch bessere Alternativen.
Nachteil: Wenn die Klima-Katastrophe dann ausbricht, wird man nicht vorbereitet sein. -
Sich politisch aktivieren und gegen die Ursachen der globalen Erderwärmung ankämpfen.
Wer so lebt, lebt mit der steten Gewissheit, genau das Richtige zu tun: Vielleicht wird man sich auf dem Gefühl moralischer Gewissheit (die nicht selten mit moralischer Überlegenheit einhergeht) eines Tages auch ausruhen können.
Nachteil: Die Wahrscheinlichkeit, dass man unzufrieden bleibt, ist vermutlich höher. -
Sich eine Weltverschwörung ausdenken und den Antisemitismus neu beleben.
Eine Version: „Der Klimawandel ist die Ursache der globalen Geldgier!“ Wer steckt wohl dahinter? Oder: „Hat Israel nicht mehr Vorräte an Wasser als die arabischen Staaten?“ – Wer steckt dahinter?! Wer nur??? Außerirdische? Echsenmenschen? Ist das Wort „Klimahysterie“ nicht von Klimahysterikern zum Unwort des Jahres getauft worden? Man muss die Zeichen nur deuten können …
Nachteil: Es könnte sein, dass die Wahnvorstellung selbst bereits Teil einer noch größeren Verschwörung ist. -
Den Beruf anpassen.
Am besten irgendetwas mit Schiffen, U-Booten oder schwimmenden Häusern. Dann kann man auch nicht untergehen und den Sonnenuntergang genießen.
Nachteil: Kann sein, dass das ständige Herumgewackel einem ganz schön auf die Nerven gehen wird. -
Sich vorzeitig umbringen.
Am besten bevor man ins Berufsleben kommt, denn dann wird es nur noch schlimmer. Zudem wird man ja vielleicht noch etwas eitel und glaubt, sich etwas gönnen zu müssen: Ein eigenes Auto nur für sich, vielleicht sogar einen SUV. Ein Selbstmord würde jemanden von solcherlei Schabernack abhalten. Es wäre nicht nur eine ökologische Wohltat, sondern auch eine für den Wohlfahrtsstaat.
Nachteil: Man würde von Kantianern den Vorwurf kassieren, seine Pflichten gegenüber sich selbst zu vernachlässigen. Sich umzubringen bedeutet, sich selbst als Mittel und nicht als Zweck an sich selbst zu behandeln und Kant sagt hier: Nein, nein, nein
Der Utilitarist würde sagen: bla bla bla.