Das Volk ist tot, es lebe das Wir
I. „Du bist Deutschland!”1 / „Wir (alle) sind das Volk”2
Klima-Krise und Corona-Pandemie, zuletzt Ukraine-Krieg, und seit neuestem andeutungsweise die revolutionären Tendenzen im Iran: Ihnen allen ist gemein, dass sie in Deutschland – aber nicht nur hier – zwecks politischer Mobilmachung von einigen wenigen politischen Aktivist*innen verwertet, von dem Rest der Gesellschaft passiv hingenommen werden. So ganz will weder eine einheitsstiftende Klimabewegung3, eine Solidargemeinschaft, noch eine neuerliche Friedensbewegung zustande kommen.
Der vorliegende Text wurde im März 2023 fertiggestellt. Auf Grund des induktiven Zugangs hat sich manches Beispiel im Text mittlerweile überlebt. Wir glauben jedoch, dass die im Text behauptete Grundthese nicht an Gültigkeit eingebüßt hat, da für sie gerade der Wandel der kollektivbildenden Leitideen konstitutiv ist.
„Du bist Deutschland!” fordern nicht einzig marketingstrategische Kampagnen, sondern vor allem diejenigen, die ihr gekränktes Ego mit Hilfe narzisstischer Überhöhung aufzupolieren suchen. Ihr damit verknüpftes und unbewusstes Motiv, zu kompensieren, was weder Selbsthilfe noch Betriebspsychologie zu richten vermögen, nämlich die Ausmerzung all der objektiven Ungerechtigkeiten, die den meisten im Kapitalverhältnis widerfahren und sie beschädigen, ist eine – jedoch nicht die Einzige – Voraussetzung der narzisstischen Überhöhung des Selbst.4 Die Analyse dieses betrügenden Appells zur Einreihung in das Zwangskollektiv hatte historisch wichtige Funktionen5: Aktuelle Berichte und neue Versuche über tatsächliche und vermeintliche Verführer*innen der Faschisierung des Volkes6, das Fortwesen des Autoritativen und dergleichen apokalyptische Prognosen wirken selektiv, weil sie unzeitgemäß sind.7 Als Apologeten einer Endzeitstimmung prognostizieren sie den Rückfall in die Barbarei. Das Heilsversprechen aus dem tiefen autoritären Wunsch bürgerlicher Individualisierung entstammend, liefern sie mit: „Wir sind das Volk” – eben nicht die Anderen, das Dunkeldeutschland. Diese Denkform, die ebenfalls ein Freund-Feind-Schema imaginiert, findet in den Krisen der vergangenen Monate und Jahren neue Chancen, ihre Weltuntergangs- und Amokfantasien auf das aktuelle Geschehen zu projizieren.8 So sei, wie Adorno in „Die gegängelte Musik” schrieb, „das Volk, Opium für das Volk”.9
Doch weil weder Montagsdemonstrationen noch Friedensbewegungen mit ihren Lichterketten quer durch Deutschland geschafft haben, zu konstituieren, was auch immer unter dem Begriff des Volkes zu subsumieren wäre, wird lieber an das Wir appelliert. Es sei integrativer, weniger völkisch und könne über Solidarität, Gemeinschaft und all das beschrieben werden, was eine bunte Gesellschaft auszeichne.10 Im Sinne einer neuen Imagekampagne schaffen hauptamtliche und ehrenamtliche Weltverbesserer integrative, partizipative Elemente, um das Zwangskollektiv Gesellschaft attraktiver zu gestalten, nicht jedoch, um es in Form einer freien Assoziation zu überwinden: Dies würde stattdessen bedeuten, dass das Subjekt nicht im instrumentellen Sinne, als Material, kollektiviert wird, sondern, dass sich die Emanzipation des Subjekts in der Emanzipation des Kollektivs aufhebt bzw. in diese transzendiert.
Allerdings ist der ideengeschichtliche Hintergrund des Merkelschen „Alle sind das Volk”11 das Goebbelsche Diktum: „Der Sinn der Revolution, die wir gemacht haben, ist die Volkwerdung der deutschen Nation”. Anders gesprochen kann es daher auch heute weder einen Volksbegriff noch eine andere Form der Zwangskollektivierung – die der Inhalt “des Volkes” ist – geben, die ohne das historische Faktum Auschwitz gedacht werden kann12. So ist die im Wesentlichen diskursive Verschiebung des Begriffs (der Form), nicht aber des Inhalts, von Volk zu Wir, Bevölkerung, Solidargemeinschaft, … der rhetorische Versuch zur Generalmobilmachung der Partizipation an der nächsten Idee. Das identitäts- und sinnstiftende Moment der Ideen der neuen sozialen Bewegungen ist als brother in crime trojanisches Pferd der Staatsräson, die damit den Vorteil an dem Wir auf dem Markt der Möglichkeiten feilbietet und deren konkretes Ziel die Errichtung der faktischen Zwangskollektivierung ist. Die vorausgehende volkskonstituierende Grundannahme klassischer liberaler Theorie13, der bürgerlichen Mär der Gleichheit Aller – personifiziert im abstrakten Citoyen – ist Ausdruck der liberalen Sehnsucht der Teilnahme, deren Praxis in Deutschland die Vernichtung des Anderen und der Eintopfsonntag sind.14
Die hierbei verdrängte aber stets realexistierende Ohnmachtserfahrung, dass das Postulat der Gleichheit Aller Ideologie ist, wehrt die Solidargemeinschaft ebenso wie ihre eigene Aggression gegenüber dem Ganzen anonymer Herrschaft ab: Berauscht von eigener narzisstischer Selbstverliebtheit plädieren sie stattdessen für ein „gemeinsam schaffen wir das!”, ganz so, als wäre es nur eine Haltungsfrage, ob materielle Veränderung bewirkbar sei. Der Tatendrang der sich zusammenrottenden außen-geleiteten Charaktere ähnelt dabei dem der autoritären, sie unterscheiden sich jedoch insofern von Letzteren, als dass sie als führerlose Masse gerade ohne zentral ausgerufene Führerfigur auskommen.
Imageschaden Volksbegriff?
Der nachfolgende Text versucht basierend auf dieser kursorischen Problemskizze aufzuzeigen, inwiefern Diskussionen um das Volk in doppelter Hinsicht an der Sache – nämlich dem Problem der Zwangskollektivierung jeglicher Couleur – vorbeireden: Einerseits ist die Begrifflichkeit und das Sprechen vom Volk längst nicht mehr en vogue, wer Öffentlichkeit generieren will, nutzt dafür heute lieber Umwegkommunikation.
Andererseits ist, so lautet die weiterführende These der zugrundeliegenden Beschreibungen, nicht mehr ausschließlich die autoritäre Sehnsucht respektive der autoritäre Charakter das inhärente Merkmal aktueller Massenpsychologie und Zwangskollektivierung, sondern ein narzisstisch dominierter, kollektiv außen-geleiteter Charakter, der auf Basis unserer Alltagserfahrung als notwendige Voraussetzung der weiteren Analyse zu verstehen ist. Damit einher geht unsere Annahme, dass sich heute weder Begriff noch Inhalt des Volkes als gesellschaftskritisches Analyseinstrument eignen, sondern dass er ausgehend von aktuellsten gesellschaftspolitischen Entwicklungen sein kritisches Potenzial eingebüßt hat demnach die Abwägung ‘ob oder ob nicht’ bereits müßig geworden ist.
Die dem Text zugrundeliegende Argumentation basiert auf gesellschaftstheoretischen Ansätzen von Karl Marx und Max Horkheimer sowie psychoanalytischen Ansätze von Sigmund Freud und Frank Böckelmann, die dabei helfen sollen, das Überleben einer Kritischen Theorie der Gesellschaft sowie der mit ihr intendierten Perspektive der Aufhebung falscher Verhältnisse zugunsten einer befreiten Gesellschaft zu sichern.15 Anschließend werden diese theoretischen Ausführungen in einem induktiv argumentierenden Kapitel mit Beispielen aus dem zeitgenössischen Politik- und Aktivismusbetrieb veranschaulicht. Diese illustrieren nach unserem Dafürhalten eine Tendenz des Ineinsfallens von politisierendem Aktivismus und Ich, welche im Problem der zwar nicht völkisch grundierten, jedoch trotzdem repressiven zeitgenössischen Kollektive mündet.
Der daraus resultierende Versuch einer politischen Charakterologie besitzt hierbei ein methodisches Framing: Die assoziativen und hermeneutisch interpretativen Ansätze, aufbauend auf konkreten historisch-politischen Erscheinungsformen (Fridays For Future und Extinction Rebellion), dienen als Vergrößerung durch die Lupe, um dadurch eine gesellschaftliche Veränderung aufzuzeigen. Weiterführend basiert diese politische Charakterologie auf einer Logik der Entdeckung des Neuen, die nicht ein Theoriegebäude äußerlich auf einen Sachverhalt anwendet, sondern mithilfe des mikroskopischen Blicks konkrete Aspekte gesellschaftlicher Erscheinungsformen darstellen will und in Verbindung zu den repräsentativen politischen Charakteren – Arendt nennt diese lebende Abstraktionen – setzt (e. g. ‘autoritärer Charakter’, ‘narzisstischer Charakter’ etc.).16 Insofern wir diese konzeptionelle Konstruktion und theoretische Entwicklung als Grundlage ansehen, sollte Lesenden bewusst sein, dass die Ambivalenzen jeglicher Gruppendynamiken auch dazu führen können, dass verschiedene Kollektivcharaktere nebenher existieren.
II. Theorie: Ökonomische Basis und Charakterstruktur
Marx kennzeichnete den Kapitalismus als eine Produktionsweise, die in permanenter Umwälzung begriffen ist. Entwicklungen der Basis der Produktion – z.B. technische Innovationen, veränderte bzw. gestraffte Arbeitsorganisation und seit den 90er-Jahren insbesondere Fortschritte in der IT – führen zu veränderten Arbeitsprozessen, welche die unmittelbar in ihnen tätigen Lohnabhängigen beeinflussen. Für die Realität des kapitalistischen Produktionsprozesses gilt tatsächlich, was sonst als aufmunternder Spruch über manche Zumutung des Alltags hinwegtäuschen soll: Die einzige Konstante ist die Veränderung. Jedoch handelt es sich bei der konstanten Veränderung im Bereich der Produktion mitnichten um etwas, was als Ausdruck einer anthropologischen Konstante zu verstehen wäre, sondern vielmehr um das Ergebnis des zumeist unbewusst vonstatten gehenden Vollzugs gesellschaftlicher Notwendigkeiten, die dem Kapitalverhältnis und dem ihm inhärenten Verwertungszwang entspringen. Privatistische Gegenmaßnahmen à la Konsumethik und nostalgischer Sozialdemokratismus laufen ins Leere, weil beide nicht begreifen wollen, dass sich die von ihnen kritisierten Symptome des Kapitalverhältnisses nicht auf Basis dieses Verhältnisses selbst aufheben lassen. Dem Nexus von Verwertungszwang – als Ausdruck des bewusstlosen Drangs des Kapitals nach Selbstverwertung – und der permanenten Umwälzung der (Re-)Produktion – also der Umgestaltung der Verwertungsbedingungen des Kapitals – haben sie nichts als Appelle entgegenzusetzen. Der Zwang zum permanenten Wachstum ist einer der wesentlichen Faktoren, durch den sich die kapitalistische Produktionsweise von all ihren Vorgängern unterscheidet und ihren revolutionären Charakter erhält:
„Die moderne Industrie betrachtet und behandelt die vorhandne Form eines Produktionsprozesses nie als definitiv. Ihre technische Basis ist daher revolutionär, während die aller früheren Produktionsweisen wesentlich konservativ war.”17
Anlass zur Freude bietet diese Art des revolutionären Charakters jedoch nicht. Denn gleich, ob beschönigend von Rationalisierungsmaßnahmen, Modernisierung, Effizienzsteigerungen oder Umstrukturierungen gesprochen wird, zeigt sich dieser praktisch stets in der Aufhebung der „Ruhe, Festigkeit, Sicherheit der Lebenslage des Arbeiters”18. Hiermit ist eine Tendenz innerhalb der kapitalistischen Produktion bezeichnet, die etwas Grundsätzliches über ihre inneren Zusammenhänge verrät, sich jedoch nicht sinnvoll dazu heranziehen lässt, dem überkommenen Fordismus mit seinen verschlagworteten Ideologemen wie Vollbeschäftigung, konzertierte Aktion oder Sozialpartnerschaft hinterherzutrauern. Denn diese spezifische historische Konstellation der Kapitalverwertung in den kapitalistischen Zentren – die für die Arbeiter zumindest im Vergleich zu den heutigen Bedingungen tatsächlich eine bemerkenswerte Ruhe, Festigkeit und Sicherheit der Lebenslage bereithielt – wurde im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung durch den Export der frühkapitalistischen Arbeits- und Lebensbedingungen in die Peripherie ermöglicht; ein Schuldzusammenhang, der bis zum heutigen Tag nicht aufgehoben wurde. Der für die heute spürbaren Auswirkungen dieses grundsätzlichen Zusammenhangs geprägte und durchaus zutreffende soziologische Begriff der Prekarität verliert jedoch durch eine bestimmte Rezeption in Kombination mit dem identitär aufgeladenen Anliegen das Prekariat zu bestimmen, zunehmend seinen herrschaftskritischen Impetus.
Heute zu versuchen, eine radikale Kritik des Zwangszusammenhangs kapitalistischer Vergesellschaftung zu entfalten ist weder zwangsläufig Ausdruck einer weltfremden Fetischisierung von Theorie und Kritik noch muss sie einen Versuch zur Abqualifizierung subjektiven Leids an der konkreten Gesellschaft bedeuten. Im Gegenteil eröffnet diese radikale Kritik erst den Raum, der notwendig ist, um neben der dringend gebotenen Skandalisierung unhaltbarer Auswüchse des Gesellschaftszusammenhangs auch eine Kritik der spezifischen Beschädigungen zu leisten, die die Subjekte in der konkreten Gesellschaft erleiden. Denn neben den oben bereits angedeuteten unmittelbar disruptiven Auswirkungen der Produktionsweise durch ihre permanente Umwälzung besteht noch ein weiterer Zusammenhang zwischen Individuum und Produktionsprozess, welcher Ersteres zwar nicht so direkt beeinflusst wie prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen, jedoch – so meinen wir – tiefgreifender prägt und sich im postfordistischen Kapitalismus auf der Subjektseite in Form spezifischer Ideologeme niederschlägt. Nach Horkheimer
„[beeinflußt] der Produktionsprozeß die Menschen nicht nur in der unvermittelten und gegenwärtigen Gestalt, wie sie ihn bei der Arbeit erleben, sondern auch, wie er in den relativ festen, das heißt sich nur langsam umbildenden Institutionen wie Familie, Schule, Kirche, Kunstanstalten und dergleichen aufgehoben ist.”19
Zweierlei lässt sich hieraus entnehmen: erstens, die Unterscheidung zwischen einem unmittelbaren und einem vermittelten Einfluss des Produktionsprozesses auf die Menschen, wobei Ersterer unmittelbar an die Produktion, Letzterer an soziale, staatliche und religiöse Einrichtungen und Institutionen gekoppelt ist. Zweitens ergibt sich für die vermittelte Art der Beeinflussung – durch ihre Eigenschaft in hohem Maße von sozialen, moralischen und juristischen Normen geprägt zu sein – die von Horkheimer beschriebene relative Festigkeit im Vergleich zum sich permanent umwälzenden Produktionsprozess. Sie zeigt sich praktisch dadurch, dass ihre Anpassung an veränderte Produktionsregime einen nachholenden Charakter hat.
Der Niedergang des fordistischen Produktions- und Konsumtionsmodells ab den 1970er-Jahren ist eines der prägnanten Beispiele für eine weitreichende Umwälzung der technischen und organisatorischen Basis der Produktion, deren Einfluss auf die Subjekte weit über die unmittelbaren Phänomene wie steigende Erwerbslosigkeit, Abbau wohlfahrtsstaatlicher Leistungen und Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen hinausging. Frank Böckelmann beschrieb die im gleichen Zeitraum stattfindende Erosion tradierter Rollenbilder und die Transformation der Familien- und Geschlechterverhältnisse als wesentliche Folgen des ökonomischen Konzentrationsprozesses, der die patriarchale Autorität als Zentrum der Kleinfamilie untergrub. Das männliche Ernährermodell zog seine Legitimation auf struktureller Ebene aus seiner relativen Passung mit dem Produktionsprozess, der es dem Vater ermöglichte, aufgrund seiner alleinigen Verfügungsgewalt über die monetären Ressourcen der Familie eine Machtposition einzunehmen und zu behaupten. Sein ökonomischer Erfolg als Bestandteil eines hierarchisch organisierten Produktionsapparates legitimierte weiterhin die Übertragung der hierarchischen Despotie der Fabrik auf die Familie. Neben tradierten Familienidealen und einem konservativen Verständnis des Geschlechterverhältnisses trug außerdem „der unvermittelt in täglichen Arbeitssituation ausgeübte Herrschaftsdruck des Konkurrenzsystems” zur patriarchal grundierten autoritären Praxis des Vaters bei, da „die erfahrene Selbstverachtung und Reglementierung […] ausgeglichen werden [musste]”20. Die durch den heraufziehenden Postfordismus um sich greifende Statusunsicherheit – die sich in einer Übergangsphase noch im Versuch niederschlug, den anachronistisch gewordenen Anspruch auf die patriarchale Autorität aufrechtzuerhalten – nötigte schließlich den „resignierte[n] Vater […] seinen Autoritätsverlust kampflos [anzuerkennen]”, während die Mutter „nach einem durch die Scheinemanzipation hervorgerufenen kurzen Auftrieb auf die Selbsteinschätzung des Mannes [zurückfiel]”21 und ebenfalls resignierte. Im Begriff der Scheinemanzipation ist hier aufbewahrt, was im auf Markt und Staat geeichten Fortschritt verloren ging22.
Wird in Anschlag gebracht, dass beide Elternteile sich seitdem mit einem zunehmend unberechenbaren System anonymer Herrschaft konfrontiert sahen und sehen, welches sich ihnen unmittelbar als heteronome und nicht zu kontrollierende Bedrohung für ihren bisher gepflegten oder beabsichtigten Lebenswandel offenbart, erscheint ihre resignative Haltung im Unterschied zu der des verkrampft an seiner längst entkernten Autorität festhaltenden Autoritären die realitätsgerechtere zu sein.23 Letzterer kann zwar als Agent der von Horkheimer beschriebenen zeitverzögerten Umbildung der relativ festen Institution Familie gelten, jedoch ist sein auf Privilegien fixiertes Beharren auf der patriarchalen Familienstruktur aufgrund seiner – vom Standpunkt des transformierten Kapitals betrachteten – objektiven Überflüssigkeit zum Scheitern verurteilt. Die postfordistische Arbeitsorganisation war bereits vor ihrer Zuspitzung in Form der Start-up- und Netzwerkökonomie des ästhetischen Kapitalismus24 vor allem durch wissenschaftliches Management, team-work und das Ersetzen der alten autoritären Herrschaft über die Lohnabhängigen durch Kooperation gekennzeichnet. Flankiert durch einen therapeutischen Jargon, der sich auch aktuell noch großer Beliebtheit erfreut, wurde „unter dem Deckmantel von ‚Partizipation’ an hierarchischen Organisationsformen festgehalten”, die auf gegensätzlichen Interessen beruhenden gegnerschaftlichen Beziehungen zwischen Lohnarbeiter und Vorgesetzten jedoch formal aufgeweicht bzw. eliminiert. Das neue System therapeutisierter, auf antagonistischer Kooperation beruhender sozialer Kontrolle erschwerte es „dem Bürger mehr und mehr, sich gegen den Staat zur Wehr zu setzen bzw. dem Arbeiter, Widerstand gegen die Ansprüche seines Unternehmens zu leisten”25.
Am vorläufigen Ende dieser Entwicklung steht ein durch den mittel- wie unmittelbaren Einfluss des Produktionsprozesses auf die Individuen geformter Typus von Massencharakter, der die Abdrücke einer lediglich camouflierten, nicht jedoch überwundenen Zurichtung durch die Herrschaft des Kapitals trägt und sich als außen-geleiteter Charakter identifizieren lässt:
„Der ‚außen-geleitete Charakter’ wirbt in der ‚peer-group’ seiner Altersgenossen und Kollegen nicht mehr ambivalent um Teilhabe an deren Macht, sondern um ihre uneingeschränkte Sympathie. Die jeweiligen normativen Leitbilder werden beim Übertritt in eine andere Gruppe konfliktlos ausgewechselt.”26
Im Hinblick auf eine intergenerationale Betrachtungsweise offenbaren sich die zeitversetzten Transformationsprozesse, die sich aus der zwangsweisen Ummodelung hin zum außen-geleiteten Charakter ergeben, da seine Träger nun im Bereich der familiären Erziehung nicht mehr authentisch der klassisch patriarchalen Rollenverteilung – die die Rolle beider Elternteile prägte – entsprechend agieren können. Der nun überwundene Modus der Erziehung hielt jedoch, zum Zeitpunkt seiner relativen Passung mit offen hierarchischen gesellschaftlichen (Produktions-)Prozessen für Kinder zumindest die Möglichkeit bereit, mittels der Bewältigung des konflikthaften Aufwachsens unter dem patriarchalen Prinzip die Außenwelt – als deren Vertreter der autoritäre Vater auftrat – als Erwachsener zu bewältigen, wobei auch diese Bewältigungsleistung freilich nur um den Preis autoritär grundierter Beschädigungen der erwachsenen Subjekte zu haben war. Durch die um sich greifende – nicht als individueller Mangel, sondern als realitätsgerechter Ausdruck des veränderten Herrschaftsdrucks zu verstehende – passiv-resignativ grundierte und unbedingt auf Sympathie und Scheinharmonie zielende Etablierung des außen-geleiteten Charakters auf der Elternseite wurden Kinder nun jedoch vor andere Schwierigkeiten im Aufwachsen gestellt:
„Das Kind, ob es sich, um zu bestehen, noch identifizieren muß oder nicht, konstituiert über die Bezugspersonen seiner verschiedenen Entwicklungsphasen eine neue Form größter Ich-Schwäche, die nicht mehr wie in der autoritären, sadomasochistischen Psyche ein eingeklemmtes, bedrohtes Ich meint, sondern ein zerfließendes, diffuses, grenzenloses Ich, das eben darum nur noch die eigenen Interessen im Auge behalten kann, wobei das egoistische Interesse mit dem der Konsumgesellschaft identisch ist.”27
Die partielle Bewältigung der antagonistischen Gesellschaft gelang unter den Bedingungen der vorgängigen patriarchal-autoritären Erziehung dadurch, dass „das Kind in der väterlichen Stärke ein sittliches Verhältnis respektiert[e] und somit das, was es mit seinem Verstand als existierend feststellt[e], mit seinem Herzen lieben lernt[e]”, wodurch „es die erste Ausbildung für das bürgerliche Autoritätsverhältnis [erfuhr].”28 Das autoritäre Prinzip, welches zum Triebverzicht nötigte und für das der Vater stellvertretend die Rolle der Exekutive erfüllte, ermöglichte dadurch, dass es die Bedingungen zur Herausbildung eines Über-Ichs bereitstellte, eine Bewältigung durch Identifikation:
„Der Vater als Exekutive der Notwendigkeit zum Triebverzicht stand stellvertretend für die auf der Beschneidung der Sinnlichkeit sich gründende reale Leistungsstruktur. Das im Kind durch autoritäre Disziplin aufgerichtete Über-Ich war also in einem relativen Sinne rational. Die Bewältigung der Bedrohung durch die Identifikation mit dem Vater leistete zugleich die Bewältigung der Außenwelt. Die Anerkennung der Versagung erlaubte es dem Kind, vor allem dem Sohn, die Nachfolge des Vaters in der Inkarnation des kapitalistischen Prinzips anzutreten.”29
Weil jedoch diesem Prinzip nicht nur die Möglichkeit, sondern global betrachtet vielmehr die Notwendigkeit des Scheiterns an der verallgemeinerten Konkurrenz im Kapitalismus inhärent ist, kann zwar lediglich von einer partiellen Bewältigung des äußeren Prinzips die Rede sein, die jedoch unter den Bedingungen der vergrößerten Ich-Schwäche des oben erwähnten „zerfließende[n], diffuse[n], grenzenlose[n] Ich”30, welches sich unmittelbar mit dem als Konsumgesellschaft erscheinenden anonymen Herrschaftsapparat identifiziert, nicht geleistet werden kann. Die fehlende Fähigkeit zur – wenn auch ideologischen – Bewältigung der Außenwelt führt auf der Subjektebene durch den permanent gewordenen Zwang zur Identifizierung mit wechselnden äußeren Objekten zu einem veränderten Modus der Gruppenbildung:
„Um sein ‚Selbstgefühl’ zu gewinnen – abgesehen von der tief eingeschliffenen Resignation vor der Selbstverständlichkeit des anonymen Apparats, die aber ständig belohnt wird – bedarf das infantil-narzißtische Ich außer der versicherten Konformität mit der ‚inneren Kontrollinstanz’ nur noch die Anerkennung der jeweiligen Bezugsgruppen. Gewinnt es die fraglose Sympathie seiner peer-group, möchte es diese stabilisierte ‚Harmonie’, von der das Selbstwertgefühl abhängt, nicht mehr missen.”31
Der Drang zur Sicherung der Anerkennung bietenden Pseudoharmonie mittels Gruppenbildung lässt sich somit als Reflex auf das konstitutiv prekäre Selbstwertgefühl der narzisstischen Monade deuten32. Die zwanghafte Suche nach der eigenen Identität ist zugleich Ausdruck der Identitätsdiffusion, welche dafür sorgt, dass es zu weniger Konflikten mit den Imperativen der Gesellschaft kommt, an denen sich Ich-Stärke jedoch erst kristallisieren könnte33. Während der Begriff des Narzissmus somit die subjektive Seite der gesellschaftlich induzierten Pathologie fokussiert, zielt der von Böckelmann verwendete Begriff des außen-geleiteten Charakters, auch wenn er im Wesentlichen Ähnliches meint, auf die objektive Seite der individuell erscheinenden narzisstischen Pathologie, indem sie explizit auf ihre politökonomischen Bedingungen hin befragt wird.
Freud schrieb dem narzisstischen Individuum außerdem eine gewisse Anziehungskraft zu, der sich zu entziehen schwerfällt:
„Es erscheint nämlich deutlich erkennbar, daß der Narzißmus einer Person eine große Anziehung auf diejenigen anderen entfaltet, welche sich des vollen Ausmaßes ihres eigenen Narzißmus begeben haben und sich in der Werbung um die Objektliebe befinden; der Reiz desKindes beruht zum guten Teil auf dessen Narzißmus, seiner Selbstgenügsamkeit und Unzugänglichkeit.”34
Es ist diese vom Narzissten ausgehende Anziehungskraft, die zur Aufhebung der Isolation drängt, jedoch um mindestens einen weiteren Faktor zu ergänzen ist. Denn die Nichterfüllung des Ich-Ideals – welches wie oben dargestellt im Postfordismus weniger als mittels Introjektion aufgerichtete psychische Instanz im Subjekt, sondern eher als frei rotierendes und beinahe beliebig wechselbares Identitätsangebot zu begreifen ist, und somit eher eine diffuse, dem Individuum äußere Instanz darstellt – äußert sich in sozialer Angst und Schuldbewusstsein eben der Gruppe gegenüber, die zur Stabilisierung des prekären Selbstwertgefühls dienen soll, denn „das Schuldbewußtsein war ursprünglich Angst vor der Strafe der Eltern, richtiger gesagt: vor dem Liebesverlust bei ihnen; an Stelle der Eltern ist später die unbestimmte Menge der Genossen getreten”35. Dass der von Böckelmann beschriebene außen-geleitete Charakter sich unter anderem dadurch auszeichnet, seine normativen Leitbilder – also die ihm äußerlichen Ich-Ideale – ebenso wie die sie repräsentierenden Gruppen nahezu reibungslos wechseln zu können, bezeichnet die subjektive Seite eines Zusammenhangs, auf dessen objektive Faktoren im Verlauf noch einzugehen sein wird. Die wechselnde Objektwahl narzisstischer Individuen kann als der subjektive Ausdruck eines Scheiterns der Befriedigung ihres Narzissmus gewertet werden, wenn erkannt wird,
„daß das Objekt so behandelt wird wie das eigene Ich, daß also in der Verliebtheit ein größeres Maß narzißtischer Libido auf das Objekt überfließt. Bei manchen Formen der Liebeswahl wird es selbst augenfällig, daß das Objekt dazu dient, sein eigenes, nicht erreichtes Ichideal zu ersetzen. Man liebt es wegen der Vollkommenheiten, die man fürs eigene Ich angestrebt hat und die man sich nun auf diesem Umwege zur Befriedigung seines Narzißmus verschaffen möchte.”36
Zu beachten ist hierbei, dass sich die Hingabe an ein Objekt – welches sich nicht auf die oben als Beispiel dienende romantische Hingabe an eine andere Person bezieht – nicht klar „von der sublimierten Hingabe an eine abstrakte Idee”37 unterscheiden lässt. Der Drang zur Befriedigung des narzisstischen Bedürfnisses, die eigene – zwar grundsätzlich angenommene, jedoch stets als prekär erlebte – Größe im gewählten Objekt verkörpert zu sehen, kann mit der Ersetzung konkreter Objekte durch abstrakte Ideen konvergieren; ein Gedanke, der bereits in der von Freud vorgenommenen Unterscheidung zwischen den ursprünglichen, auf einem Führer basierenden Massen und den führerlosen Massen, bei denen dieser „durch eine Idee, ein Abstraktum ersetzt sein kann, wozu ja schon die religiösen Massen mit ihrem unaufzeigbaren Oberhaupt die Überleitung [bildeten]”38 angelegt ist.
Statt der Vollkommenheit des Führers soll die Vollkommenheit der Idee die Größe der narzisstisch grundierten führerlosen Masse gewährleisten und das prekäre Selbstbild dadurch stabilisieren. Im Unterschied zum Individuum, das Freud vor Augen hatte, ist jedoch beim außen-geleiteten Charakter die Ersetzung des Ich-Ideals durch Führer oder Idee nicht mehr möglich, da ein Eintauschen des Ich-Ideals gegen Führer oder Idee eben die Introjektion voraussetzt, deren Ausbleiben zum für ihn charakteristischen „zerfließende[n], diffuse[n], grenzenlose[n] Ich”39 führt. Stattdessen bezieht er seine wechselnden Ideale unmittelbar aus der Konsumgesellschaft und ist insofern mit ihr und ihren prinzipiell auswechselbaren und permanent wechselnden Ideen identisch. Die narzisstisch grundierte führerlose Masse ist die adäquate Form, in der sich die spätkapitalistischen Monaden auf Basis ihres Narzissmus mit den auf dem Marktplatz der Ideen angebotenen Idealen und ihrer vermeintlichen Größe identifizieren und sich schließlich durch die Setzung desselben „Objekt[s] an die Stelle ihres Ichideals […] in ihrem Ich miteinander identifizier[en]”40. Die das jeweilige Ideal stiftende Idee – die den Führer als Bedingung der Massenbildung zunehmend ablöste – wird auf Basis der „narzißtische[n] Selbstgefälligkeit”41 ausgewählt. Sie soll allein dieser gerecht werden und die tatsächlichen oder nur angenommenen „typischen Eigenschaften dieser Individuen in besonders scharfer und reiner Ausprägung besitzen”,42 um dadurch die konstitutiv angenommene, sich selbst jedoch niemals richtig über den Weg trauende Größe des narzisstischen Individuums zu bestätigen. Das rastlose Unterfangen der Suche nach den das Selbstbild stabilisierenden äußeren Ideen ist dabei – aufgrund der durch das schwach ausgebildete Ich vorgegebenen Aussichtslosigkeit – keines, das ihnen Freude oder Lust bereitet, sondern entspringt dem Leid der Individuen an der Gesellschaft insofern spiegelbildlich, als dass der Hang zum Größenwahn im Narzissmus dessen verzerrten Reflex darstellt.
III. Praxis: Das Kollektiv im Zeitalter des Narzissmus
Wie wir aus theoretischer Perspektive sahen, schrieb sich die oftmals vereinfachend mit dem Schlagwort Neoliberalismus beschriebene und mit den Namen Thatcher/Reagan verbundene Umgestaltung der kapitalförmigen Wirtschafts- und Sozialordnung beginnend mit den 70er Jahren als narzisstische Persönlichkeits- bzw. Charakterstruktur in die Individuen ein, wodurch sich sukzessive die Voraussetzungen der Kollektiv- und Massenbildung veränderten. Zentrales Moment dieser Transformation war die Verschiebung der gesellschaftlichen Verantwortung, nicht aber der Profitrate, hin zu den Einzelnen, die fortan als atomisierte Monaden auftraten. Dies zeigte sich am augenfälligsten nicht nur an der Deregulierung der Finanzmärkte oder der zunehmenden Individualisierung von Arbeitsprozessen, sondern in der Etablierung der sogenannten Ich-AG als Antwort auf die soziale Frage.
Denn verbindet man heutzutage den Begriff Ich-AG mit einem bestimmten Arbeitsethos bzw. einer spezifischen Arbeitsmoral, so handelte es sich hier zunächst um ein „gesetzlich implementiertes arbeitsmarktpolitische[s] Instrument […] in der Gestalt staatlicher Anschubfinanzierungen zur Selbständigkeit”43 von Arbeitssuchenden und prekär Beschäftigten. Analog zum totalen Rückfall sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber auf sich selbst im Zuge der gewaltigen Subsumtionsmaschinerie eben genannter Umgestaltung – Modernisierung, Rationalisierung, Effizienzsteigerung –, die schlussendlich der stagnierenden Kapitalakkumulation erneuten Auftrieb geben sollte, wurde konsequenterweise auch der allseits beschworene Sozialstaat – welcher zu keiner Zeit Ausdruck einer sozialen Politik war, sondern stets auch einen kapitalimmanenten Zweck erfüllte – radikal entschlackt bzw. dem Diktat der Profitabilität unterworfen: Arbeitssuchende wurden zwar weiterhin in verschiedene Betriebe und Beschäftigungsmaßnahmen gepfercht, doch wurde zunehmend versucht, die damit verbundenen administrativen Kosten zu senken, indem man mit spekulativen Anschubfinanzierungen die Verantwortung der Selbstverwertung auf dem freien Markt den Einzelnen aufbürdete. Schlussendlich wurde damit eine totale gesellschaftliche Atmosphäre geschaffen, in der sich die Einzelnen gezwungen sahen, sich als das zu gerieren, was Ulrich Bröckling als Subjektivierungsform des „unternehmerischen Selbst”44 zu fassen versuchte. Dieses Selbst jedoch, das sich als allzeit zu optimierendes Ein-Mann-Unternehmen versteht bzw. verstehen muss, konstituiert sich bereits in Konkurrenz zu jedem anderen Selbst und ist daher bis auf kurzatmige Kooperationen weder fähig noch Willens sich einem anderen Kollektiv unterzuordnen, perspektivisch sich diesem anzuschließen. Entgegen den durch eine autoritäre Charakterstruktur geprägten Individuen des 20. Jahrhunderts in Europa, die sich auch deshalb so bereitwillig in verschieden Kollektive einreihten, weil sie sich in ihrer Ich-Schwäche aus ihren bisherigen Sozialstrukturen gesprengt wiederfanden, kompensiert das unternehmerische Selbst seine zur Diffusion gesteigerte Ich-Schwäche mit dem völligen Rückzug auf sich selbst und richtet sich in diesem Zustand gesellschaftlicher Atomisierung psychisch ein. Der Narzissmus manifestiert sich als Massenphänomen: „An die Stelle autoritärer Ich-Schwäche sind neue Formen des Narzissmus und der Zerfaserung des Ichs getreten.”45
Und so schien es Anfang des Millenniums – gedenken wir einer Zeit vor AfD und neuem Wir, vor Querdenkern und ihrem Widerpart des zivilgesellschaftlichen Ordnungsamts der Hygienekontrolleure, vor Reichsbürgern und der neuen staatstragenden Front woker ‚Kulturschaffender’, oder aber vor den sogenannten „Klimaklebern” und der ihnen gegenüberstehenden Sekte von SUV- und Billigfleischfetischisten – keine Tageszeitung, keinen Feuilletonartikel, keine soziologische Studie oder populärwissenschaftliches Buchprojekt zu geben, das nicht Politikverdrossenheit und politische Deprivation als das vordringlichste Problem unserer Zeit markierte. Quer durch die Gesellschaft war man sich einig: das neoliberale Individuum ist nicht mehr zu Gemeinschaft fähig und dies sei wahlweise auf den Kapitalismus (tiefgreifende Analysen ersparte man sich meistens), die zunehmende Bedeutung von technologischen Medien für den Einzelnen und die Gesellschaft (als sei zweiteres von ersterem zu trennen) oder die fehlenden plebiszitären Elemente der parlamentarischen Demokratie zurückzuführen. Der Demokratie schien ihr demos endgültig abhandengekommen.
Doch ungefähr zeitgleich zum Höhepunkt der öffentlichen Skandalisierung des neoliberalen, radikalisierten Individualismus und der oftmals auf der Ebene der Denkform verbleibenden Problematisierung postindustrieller Muster von Herrschaft46 fand ein ökonomisch induziertes Erdbeben statt, das eine erneute Modifizierung des politischen Rahmens von Wirtschaft nach sich zog: die globale Wirtschaftskrise von 2008/09.
Denn diese führte zwar, anders als es oftmals von den Propheten der Krise (z.B. Gruppe Krisis) prognostiziert wurde, nicht zum Zusammenbruch des Kapitalismus (ordoliberaler Prägung), doch waren politik-ökonomische Anpassungen nötig, die über Rettungsschirme für in Konkurs geratene Banken, respektive das damit einhergehende Wiedererstarken allgemeiner staatlicher Präsenz im Wirtschaftssektor hinausgingen. Der „Raubtier-Kapitalismus” sollte wieder gebändigt werden, in dem Unternehmen und Verbraucher ihrer „ethischen Verantwortung gegenüber Natur, Individuum und Gesellschaft” (x-beliebiges Unternehmen in seiner Selbstdarstellung) gerecht werden. Im Fahrwasser gruseliger betriebswirtschaftlicher Konzepte wie Corporate Social Responsibility (CSR) sollten sich Unternehmen nicht nur als Akteure der staatlichen Vorhut Zivilgesellschaft im gemeinsamen Kampf gegen Umweltkrise, globale Armut und Menschenrechtsverletzungen verstehen – als Corporate Citizen –, sondern auch die innerbetrieblichen Abläufe nach dem Muster integrativer Kooperation gestalten47. Die antisoziale Kälte des Kapitalsystems sollte nicht länger zum zwischenmenschlichen Maßstab erhoben werden, sondern durch die Nestwärme der eigenen Bezugsgruppe im kommunitaristischen Potpourri ersetzt werden.48 Es ist die Homogenität in der eigenen Partikulargruppe und die homogenen Partikularitäten der Gruppen selbst, die das neue Bündnis Zivilgesellschaft bestimmen sollen: (Staatliche) Einheit in (unternehmerischer) Vielheit.
Vorgeblich wie ein umweltbewusstes fairtrade-Plenum agierend, kokettiert der moderne Wirtschaftsbetrieb mit Tischtennisabenden mit den Vorgesetzten, flexiblen Arbeitszeitmodellen und Gratisobst, um den Bedürfnissen des unternehmerischen Selbst gerecht zu werden, zugleich jedoch ohne die materielle Grundlage der Ausbeutung letzterer zu berühren. Die Arbeitnehmer werden nicht mehr mit der stets virulenten Androhung gefeuert zu werden zur Arbeit gezwungen, sondern verstehen die Unternehmensmission als verlängerten Arm der eigenen Selbstoptimierung. Aus diesem Grund bedarf der neoliberale Betrieb, unabhängig davon, wie groß oder gesellschaftlich bedeutsam dieser ist, eines wohlfeilen Selbstverständnisses. Und so verwertet der außengeleitete Charakter die eigene Arbeitskraft als selbstbestimmtes Subunternehmen und partizipiert gemeinsam mit anderen Subunternehmen an der Vision des übergeordneten Großunternehmens. Die strikte Hierarchisierung innerhalb der Betriebe, die einst den autoritären Charakteren Befriedigung bescherte, weil sie eben auch personell repräsentiert war, weicht einem Betrieb, der die Individuen des „narzisstischen Zeitalters”49 im Sinne einer Freudschen führerlosen Masse als prekäres Kollektiv unter dem Banner des ästhetischen Kapitalismus versammelt.
Parallel zur Herausbildung führerloser Freelancer-Massen als Inkarnation der Unternehmensstruktur der Zukunft, ist ein entscheidendes Moment der zweiten Phase post-neoliberaler Gesellschaften (seit 1999 ff.) die permanente Personalfluktuation mit gleichzeitiger Selbstoptimierungsprozession. Überall buhlen Firmen mit Internships, Bildungsurlauben, Trainees und dergleichen mehr um die Gunst der selbsternannten Alleskönner. Das zum Modus der Zivilgesellschaft transponierte Diktat der Eigeninitiative ist in die postmoderne Arbeitswelt eingesickert und befördert sowohl die Formierung der narzisstischen Charaktere als auch die Erscheinung der führerlosen Massen. Was in Henry Fords Fabriken im vergangenen Jahrhundert als große Herausforderung der – heute würde man sagen: Betriebsmarketing – Chefetage angesehen wurde, ist mittlerweile gängige Praxis: Die Identifikation mit der Arbeitsstätte ist überlebensnotwendig geworden, nicht etwa nur für die Lohnabhängigen, sondern auch für die mittelständischen Start-Ups und Unternehmen, die die narzisstischen Charaktere von sich überzeugen müssen. Gelingt dies, dann ist die Identifikation in diesem Unternehmens-Leviathan dergestalt, dass gemeinsame Firmenläufe, Mittagspausen und Betriebsfeiern stets die Lohnabhängigen in den Vordergrund rücken.
Durch die quasi-identitätspolitische Brücke, die von Seiten der Firmen zu den Lohnabhängigen geschlagen werden soll, als buntes Unternehmen gegen Unterdrückung, geschieht die Verdrängung der zügellos wachsenden sozioökonomischen Ungleichheiten, zugunsten der narzisstischen Bestätigung auf der richtigen Seite zu stehen. Die verantwortete Unverantwortlichkeit gegenwärtiger Unternehmensführung, die im Übrigen längst im sozio-politischen ihren Ausdruck findet, überlastet die Lohnabhängigen durch eine Kompetenzerweiterung ihrer Stellen mit dem Resultat der langfristigen Bindung an das Unternehmen. Auf sich selbst zurückgeworfen ist die ambivalente Praxis des narzisstischen Charakters der Modus: Sich selbst einzureden, unerlässlich und gleichzeitig besser als andere zu sein. Politisch transponiert findet sich diese Einstellung in den neuen sozialen Bewegungen und der Penetranz wieder, mit der sie umso lauter darauf pochen das Richtige zu tun, je mehr die Reflexion politökonomischer Zusammenhänge und der aus ihnen erwachsenden Ideologien in den Hintergrund treten – Energiesparen gegen Krieg. Weil aber die hierdurch sich konstituierende Zusammenrottung stets eine prekäre ist, bedarf es für die Einzelnen der permanenten Selbstvergewisserung, um sicherzustellen, auch tatsächlich auf der Gewinnerseite der Geschichte zu stehen.
Diese Selbstvergewisserung ist in der beinahe beliebig austauschbaren Idee einer höheren Sache verortet, deren Kern der Modus der Krise ist. Zwar spielte das Element des Apokalyptischen auch in früheren Kollektiv- und Massenbildungen eine zentrale Rolle, doch ging es hier primär um das Überleben der Gruppe selbst – mit allen verachtungswürdigen Konsequenzen, die dies mit sich brachte –, wohingegen das narzisstische Kollektiv des globalen Zeitalters auch einen globalen Krisenanspruch ins Gefecht führt. Rechtfertigten beispielsweise die NationalsozialistInnen ihren selbsternannten Verteidigungskrieg mit dem bevorstehenden Aussterben der arischen Rasse, so kämpft die Klimabewegung etwa im Namen der ganzen Menschheit (in abstracto). Hierbei ist der Anspruch, die Menschheit als Ganzes zu beschützen, wesentlich integrativer, theoretisch allumfassend und erlaubt so dem neoliberalen Individuum jeglicher Couleur zu partizipieren. Doch analog zur liberalen Rechtsprechung kaufte man sich mit dieser Diversifizierung auch eine zunehmende Abstraktion von der konkreten Lebenssituation der Menschen ein, die auch den „politisch-ökonomischen Analphabetismus”50 des narzisstischen Kollektivs begründet. Dies hat zur Folge, dass sich auch die argumentative Rolle des apokalyptischen Moments radikal verändert. Zuvor wurde bereits das angeblich zu schützende Kollektiv im radikalen Modus von Exklusion und Inklusion konzipiert; die Weltuntergangsphantasien rechtfertigen weiterführend auch die grausamen Gewalttaten, weil der absolute Zweck auch die absoluten Mittel heiligt. Im Kontrast hierzu stellt die sozial-holistische Konzeption der globalisierten Menschheit zwar kein Moment für ein totales Freund-Feind-Kollektiv bereit, dieses wird allerdings fortan von der Krise selbst, als situativer Hintergrund, bestellt: die Ganzheitlichkeit des Krisenkollektivs Menschheit, zwar fernab jeglicher völkischer und damit genozidaler Dimension, lässt angesichts der alle betreffenden, absoluten Krise nur eine dezisionistische Wahl: für die Menschheit oder dagegen. Der abstrahierte Universalismus der Menschheit in Krise bleibt so zwangsläufig kategorial-partikularistisch.
IV. Alle zusammen gegen XYZ! Die neue Glaubens- und Kampfgemeinschaft?
„Die ‚spontane Ordnung’ der neuen Freiheit, in der das Ganze das Irrationale ist, in der die gesellschaftlich vollends bewußtlosen Einzelnen gegeneinander agierende Sozialatome sind, tritt auf als ein mythologisches Fatum, in dem nichts erinnernd hinter das Bestehende zurück-, nichts utopisch darüber hinausreicht. Die vollendete ‚Selbstzerstörung der Aufklärung’ […] resultiert in einer Glaubensgemeinschaft ohne Versöhnungsversprechen […], in einem ‚freiwilligen’ oder erzwungenen ‚Konformismus’, der nur eine theoretische und praktische Kritik kennt: die ‚konformistische Revolte’.”51
Stapelfeldts Analyse scheint in Bezug auf unseren eigenen Versuch wahr und falsch zugleich zu sein. Wahr ist sie insofern, als der Neoliberalismus – dessen Ausdruck die Hayeksche Spontane Ordnung ist –, wie dargestellt eine Wandlung durchlaufen hat. Die spontanen Ordnungen sozialer Bewegungen, ihre Ideen, sind flüchtig und auf dem Markt der Vielfalten ein Angebot neben vielen – so wie sie zusammentreten sind sie nicht nur ideologisch im Sinne einer Glaubensgemeinschaft, sondern setzen auf die Partizipation der außen-geleiteten Charaktere, indem sie Endzeitszenarien entwerfen, deren prospektive Bewältigung durch die Anstrengung der vereinzelten Kollektivmitglieder den Attraktionspunkt darstellt. Die neuen sozialen Bewegungen – verstanden als eine Ausdrucksform von Verschiebungen im Bereich der Massenpsychologie – scheinen dem narzisstischen bzw. außen-geleiteten Charaktertypus zu entspringen. Fridays for Future und Extinction Rebellion ist allerdings nicht mehr das autoritäre Moment der direkten konformistischen Zwangskollektivierung als modus operandi inhärent, weswegen sie sich – selbstverständlich nebst inhaltlichen – vor Allem durch organisationssoziologisch zu fassende Momente von populistischen Bewegungen absetzen. Ihre Kollektivierung kommt hip und zugleich marktorientiert daher, basiert jedoch wesentlich auf dem Bedürfnis der narzisstischen Charaktere, ihre eigene Größe in der großen Idee repräsentiert zu sehen, die zur Bildung einer führerlosen Masse notwendig ist. Denn auch, wenn sie im Sinne des Woke Capitalism52 sui generis und als notwendige Bedingung offen autoritäres Gebaren in den eigenen Reihen schellten und reflektieren müssen, setzen sie gleichwohl am Ende des Tages auf die bekannten Mittel der Zwangskollektivierung: Die Errichtung eines Freund-Feind-Schemas, nun qua überindividueller Idee.53 Wer an der Verfolgung des übergeordneten Ziels nicht partizipieren will, macht sich schuldig. Auf analytischer Ebene ist es dabei unerheblich, was das die Schuld begründen sollende Vergehen konkret ist: Der Kollaps des Klimas, die Ausbreitung eines Virus, der Tod alter Menschen während einer Pandemie, nun schlussendlich die Gasversorgung von Privathaushalten; Alles soll von der Entscheidung des Einzelnen abhängig sein. Und dies gerade in dem historischen Moment, in dem von Subjektivität zu sprechen der Realität immer mehr spottet. Subjektivität im Sinne autonomer Handlungsmacht scheint zur Legitimationsideologie in Zivilgesellschaft machender, jedoch zunehmend staatsnah agierender Mitmach-Animateure herabgesunken zu sein, deren Glaubenssätze gerade in ihrer Unterschiedlichkeit denselben
“infantile[n] Wunsch danach bedien[en], tiefe Geheimnisse mit kindischen Mitteln aufzudecken und dadurch mühelos teilzuhaben an elitärer Macht; sich also narzißtisch über ‚Unwissende’ zu erhöhen, sadistisch gegen Zweifler und Andersartige zu phantasieren und masochistisch die so bedrohlich wirkende, weil komplett unverstandene Umwelt zu besänftigen, etwa mit absurden Verzichtsritualen.”54
Anders als Stapelfeldt behauptet55 hypostasieren die neuen sozialen Bewegungen wie Fridays for Future keine Volksgemeinschaft, noch wollen sie eine errichten. Weder das ostentative Gebrabbel vom Wir, welches nicht nur von Fridays for Future kultiviert wurde und mittlerweile zum Standardrepertoire des manipulativen Politsprechs gehört, noch die fehlende Abgrenzung zum Nationalstaat reichen aus, um diesen Kollektivierungsbestrebungen das Etikett Volksgemeinschaft anzuheften. Ihr eventuell vorhandenes emanzipatorisches Potenzial tauschen sie trotzdem gegen die Idee einer Kuschelgemeinschaft ein, deren Selbstverständnis ihrem kollektiven außen-geleiten Charakter nach identitätspolitisch sein muss – Emotion und Wohlbefinden sprengen Vernunft und Kritik:
“This is all wrong. I shouldn’t be up here. I should be back in school on the other side of the ocean. Yet you all come to us young people for hope? How dare you! You have stolen my dreams and my childhood with your empty words. And yet I’m one of the lucky ones. People are suffering. People are dying. Entire ecosystems are collapsing. We are in the beginning of a mass extinction. And all you can talk about is money and fairytales of eternal economic growth. How dare you! You are failing us… But the young people are starting to understand your betrayal. The eyes of all future generations are upon you. And if you choose to fail us, I say: We will never forgive you.”56
Die Anrufung der totemistischen, suprastaatlichen Nationen artikulieren die FFFs in der Hoffnung, ihre erfahrene narzisstische Kränkung zu reglementieren, eben zu kompensieren, dass die Träume ihrer Jugend gestohlen worden seien. Als bei Bedarf abzurufende Staatsbüttel ist das Händereichen der neuen sozialen Bewegungen zum Preis der Partizipation am großen Ganzen ausschlaggebend. Hierdurch machen sie sich faktisch zum trojanischen Pferd des staatlichen Interventionismus. Die Charaktermasken Deutscher Politprominenz nehmen diese gerne an, weil sie ihrer zum Zwecke der Zwangskollektivierung der narzisstisch grundierten Massen bedürfen. Den Einen wie den Anderen sind die Mittel zum Zweck opportun und sie legitimieren sich gegenseitig in ihrem Herrschaftsanspruch: Was Thunberg – kapitalkonform auf den Äquivalententausch geeicht – kritisiert ist, dass sie – die junge Generation – einen schlechten Deal ausgehandelt haben, ihnen wurde der Traum gestohlen, ohne im Gegenzug etwas zurückzuerhalten.
Dabei ist das Zwangskollektiv, dass in dem Wir der Fridays for Future und Extinction Rebellion schon angelegt ist, in den derzeitigen Energiesparmaßnahmen-Marketing Habecks deutlich verzeichnet: „Liebe 80 Millionen, wer Energie spart, stärkt Deutschlands Unabhängigkeit.” Das Schwert des Damokles hängt bereits über den Köpfen der Bürger*innen, getrennt nach Gassparer*innen und Heiz-Rowdys, das vertraute Schema von Freund und Feind ist sublimer. Über allem hängt das unheilschwangere Gefühl des Kollektivs We will never forgive you, der außen-geleitete Charakter, der in der Solidargemeinschaft nicht das Zwanghafte erkennen will. Weil es keinen Staat ohne Volk gibt, ist jede zivilgesellschaftlich-politische Organisation, die einen Fluchtpunkt im Staat hat, nicht nur als in struktureller Nähe zum Staat befindlich zu begreifen. Die 80 Millionen Kampagne spricht dies deutlich aus, jedoch im zeitgemäß diversitätsbewussten Modus. Die Zugehörigkeit zu Staat und Volk basiert hier auf dem affirmativen Willensakt.
Neuere Soziale Bewegungen verdeutlichen durch die Indienstnahme ‚ihrer’ Ideen von staatlicher Seite aus das Angebot des Zwangskollektivs für solche führerlosen Massen. Denn so wie die Ideen der neuen sozialen Bewegungen beliebig auswechselbar sind, eine Krise die nächste jagt und diese bekanntlich als Chancen gesehen werden müssen, ist die Intention der Überwindung realer Missstände vollkommen belanglos.57 Wo zum Beispiel die Verlierer der Eigentumsordnung zuvorderst als qua Sprachpolitik wahlweise vor klassistischer Diskriminierung zu schützende Minderheit definiert werden bzw. sich in ihren Milieus und Kleingruppen gegenseitig als empowernde Außenseiter betrachten sollen, scheint die Ungleichheit als Konstante zu gelten, da sie die logische Basis einer politisierenden Hackordnung unterschiedlicher Fraktionen bildet, die um ihren Anteil kämpfen. Dass solcherlei Aktivismus sich im akademischen Umfeld allzu oft unwidersprochen als links präsentieren kann illustriert deutlich, dass der dem Klassenkampf inhärente Universalismus – dessen bündiger Ausdruck der Marxsche kategorische Imperativ ist – hier kaum mehr eine Rolle zu spielen scheint, sofern er nicht gleich als westliches Herrschaftswissen verworfen wird.
Deswegen folgt zum Abschluss kein Appell im Sinne einer wie auch immer vernünftig gehandhabten Kollektivierungsform oder zu Besserungsvorschlägen, sondern es muss ein kritischer Hinweis genügen: Die antagonistische Gesellschaft wird sich unter dem Kapital aufgrund ihrer konstitutiven Widersprüche nicht vollends integrieren können. Selbiges gilt für ihre Mitglieder, auch wenn sie als außen-geleitete Charaktere ihre Identität mit der Konsumgesellschaft herzustellen suchen. Gerade weil der Narzissmus als Massenphänomen Ausdruck, gewissermaßen negativer Kristallisationspunkt, der zu überwindenden falschen Verhältnisse ist, sollte daher – wer die freie Assoziation im Munde führt – sich von den zwar bunt daherkommenden, aber dennoch repressiven narzisstischen Krisenkollektiven fernhalten.
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https://taz.de/!540627/ [Zuletzt aufgerufen: 15.02.2023]. ↩
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https://www.nationalgalerie20.de/bauphase/kunst-am-bauzaun/hans-haacke-wir-alle-sind-das-volk [Zuletzt aufgerufen: 15.02.2023]. ↩
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Bezeichnenderweise liest sich der Wunsch einer solchen Vereinheitlichung der Klimabewegung in der Kommentarspalte vom 19.01.2023 in der Zeit dann folgendermaßen: “Seit Jahren machen wir sehr viel für den Klimaschutz, zuhause aber auch im Umfeld. Mit den Leuten in Lützerath kann ich mich sehr gut solidarisieren. Ich glaube auch, dass es hier zu einem neuen Klassenbewusstsein kommt, jenseits von arm und reich, Bürgertum und Adel, rechts und links. Hier kommt etwas ganz neues [sic!] [Herv. v. A.].” https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-01/klimaaktivismus-luetzerath-greta-thunberg-luisa-neubauer-klimabewegung [Zuletzt aufgerufen: 15.02.2023]. ↩
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Joachim Bruhn: Was deutsch ist. Zur kritischen Theorie der Nation, Wien 2019², S. 77ff. ↩
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Theodor W. Adorno: Studien zum autoritären Charakter, Frankfurt am Main 2018. ↩
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Der Argument-Verlag pflegt unter dem Titel „gestalten der faschisierung” dazu eine eigene Themenreihe. Unter anderem wurde dem irrationalen Lieblingshassobjekt verschiedenster politischer Milieus Sahra Wagenknecht, nebst Höcke und Sloterdijk eigens dazu ein Buch gewidmet. Die Abarbeitung am linken und rechten Rand sabotiert eine entlang der dezidiert inhaltlichen Urteile aufbereitete Kritik der jeweiligen Standpunkte zugunsten einer personalisierten Kritik. ↩
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Katrin Henkelmann, Christian Jäckel, Andreas Stahl, Niklas Wünsch und Benedikt Zopes (Hrsg.): Konformistische Rebellen. Zur Aktualität des autoritären Charakters, Berlin 2020². ↩
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Frank Böckelmann: Die schlechte Aufhebung der autoritären Persönlichkeit, Freiburg 1987, S. 28. ↩
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Theodor W. Adorno: Die gegängelte Musik. Bemerkungen über die Musikpolitik der Ostblockstaaten, in: Rolf Tiedemann unter Mitwirkung von Gretel Adorno, Susan Buck-Morss und Klaus Schultz (Hrsg.): Theodor W. Adorno. Gesammelte Schriften, Digitale Edition, S. 6399 - 6414, hier: S. 6414. ↩
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Die sprachliche Verschiebung vom Volk zum Wir hat unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg angefangen, ohne jedoch noch die inhaltliche Konnotation anzunehmen, wie es unserer Meinung nach im gegenwärtigen Gebrauch des Wortes - wie oben beschrieben - zu verstehen ist. Verwiesen sei hier auf Max Horkheimer: “Das Wir zu bewahren war die Hauptsache. […] Das Wir ist die Brücke, das Schlechte, das den Nazismus möglich machte. Der Unterschied zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv wird eingeebnet, wer ihn bewahrt, steht draußen, gehört nicht zu »uns«, ist wahrscheinlich ein Kommunist. […] Wer in der Politik und vielen anderen Sparten von sich selbst spricht und die Landsleute als »sie« bezeichnet, erscheint, auch wenn die Hörenden es nicht realisieren, ihnen als Verräter – nur im Zufallsfall als anständiger Mensch.” Horkheimer, Max: Gesammelte Schriften, Bd. 6: ‘Zur Kritik der instrumentellen Vernunft’ und ‘Notizen 1949-1969’, hrsg. v. A. Schmidt, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1991, S. 404. ↩
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www.focus.de/politik/videos/einheitsfeier-in-dresden-alle-sind-das-volk-merkel-lobt-sachsen-fuer-umgang -mit -rechtspopulisten_id_6016784.html [Zuletzt aufgerufen: 15.02.2023]. ↩
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Die Entwicklung des Antisemitismus vom mittelalterlichen Pogrom hin zum industriellen Massenmord steht nach Uli Krug mit dem Aufstieg und Niedergang bürgerlicher Subjektivität in Verbindung, die ein, sei es in Abgrenzung zum NS auch staatsbürgerlich definiertes, Kollektivsubjekt Volk voraussetzt: „Zweifelsohne besteht also eine notwendige Verbindung zwischen der Abstraktifizierung der gesellschaftlichen Verhältnisse und dem Judenhaß; die Stationen des Weges aber vom punktuellen Pogrom zur Emanzipation und von dieser zur systematischen Endlösung bilden deutlich den Wandel im Charakter der Herrschaft wie den Wandel im vorherrschenden Charakter ab – anders gesagt: Entstehung, Abflauen und dann totale Mobilmachung des Antisemitismus stehen in Beziehung zu Entstehung, Aufstieg und dann Zerfall des bürgerlichen Individuums.” Uli Krug: Der Wert und das Es. Über Marxismus und Psychoanalyse in Zeiten sexueller Konterrevolution, Freiburg 2016, S. 85 f., Herv. i. O. ↩
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Exemplarisch mag hier Rousseaus Definition des Citoyens sein, dessen Vervollkommnung die Vergemeinschaftung ist: „Der Citoyen ist ein höchst politisches Wesen, das nicht sein individuelles Interesse, sondern das gemeinsame Interesse ausdrückt. Dieses gemeinsame Interesse beschränkt sich nicht auf die Summe der einzelnen Willensäußerungen, sondern geht über sie hinaus.” Jean-Jacques Rousseau: Gesellschaftsvertrag. Textkritische Ausgabe, 2. verbesserte Auflage, Schutterwald 2018. ↩
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Wolfgang Pohrt Werke 2. Ausverkauf Endstation Texte 1977 - 1982, Berlin 2019, S. 309. ↩
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Dass eine solche Kritische Theorie sich notwendigerweise dadurch selbst aufhebt, insofern sie für eine Kritik der bestehenden Zustände plädiert und die radikale Überwindung der gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen sie existiert fordert, ist die immanente Selbstreflexion jeglicher Kritischer Theorie in der Hoffnung sich selbst überflüssig zu machen. Zum Überleben Kritischer Theorie: Frank Böckelmann: Die schlechte Aufhebung der autoritären Persönlichkeit, Freiburg 1987, S. 78. ↩
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Sigwart, Hans-Jörg: Political Characterology: On the Method of Theorizing in Hannah Arendt’s Origins of Totalitarism, in: American Political Science Review, Vol. 110, No. 2, 2016, S. 265 - 277, hier: S. 276. ↩
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Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie, MEW Bd. 23, Berlin 2017, S. 510 f. ↩
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Ebd. S. 511. ↩
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Max Horkheimer:Autorität und Familie. In: Alfred Schmidt (Hrsg.): Kritische Theorie. Eine Dokumentation. Bd. I, Frankfurt a.M. 1968, S. 284. ↩
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Frank Böckelmann: Die schlechte Aufhebung der autoritären Persönlichkeit, Freiburg 1987, S. 31. ↩
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Ebd., S. 32. ↩
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„Alle waren dafür, dass die Frau nicht länger an Heim und Herd, an Kinder und Küche gefesselt bliebe. Alle haben am Ende nicht die Frau von Heim und Herd, von Kindern und Küche befreit, sondern das Kapital vom Arbeitskräftemangel. Das war die ‚Modernisierung’. Damit waren viele zufrieden, und manche waren darüber traurig. Traurig war, wer von der Frauenemanzipation sich einen Beitrag zur Emanzipation der Menschheit im revolutionären Sinne versprochen hatte, denn eingetreten war das Gegenteil. Zufrieden war, wer in der Existenz des Doppelverdienerehepaars als Mischung aus Zugewinngemeinschaft und Konsumgemeinschaft das Ziel seiner bescheidenen Wünsche gefunden hatte.” Wolfgang Pohrt Werke 10. Kapitalismus forever - das allerletzte Gefecht - Texte und Interviews (2011-2016), Berlin 2018, S. 28 f.. ↩
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Am objektiven Veralten des Konzepts des autoritären Charakters ändert es nichts, wenn dieser angesichts populistischer Tendenzen in Sammelbänden oder Studien beschworen wird. Nicht nur, dass diese Publikationen – die kaum ohne einen Rückbezug auf die klassische Kritische Theorie auskommen – den Zeitkern der Wahrheit als eine der Grundannahmen Kritischer Theorie (vgl. Max Horkheimer / Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Frankfurt a.M. 2013, IX) kaum reflektieren, vielmehr wird der autoritäre Charakter, indem von seinen spezifischen politökonomischen Grundlagen abstrahiert wird, als vermeintlich überhistorische Konstante ontologisiert (vgl. dazu Jan Gerber / Sören Pünjer: Autorität ohne Familie. Zum Veralten des autoritären Charakters, Bahamas Nr. 86, S. 58-61). ↩
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Der ästhetische Kapitalismus zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass in ihm vormals oppositionell erscheinende Konzepte durch ihre Realisierung unter Maßgabe ökonomischer Imperative in Herrschaftsideologie umschlagen: “Was sich seit dem letzten Viertel des gerade vergangenen Jahrhunderts abspielt […], ist tatsächlich die Ausbildung eines ebenso heterogenen wie wirkungsmächtigen Kreativitätsdispositivs. Dieses betrifft verschiedenste gesellschaftliche Sektoren und ihre Praktiken – von der Erziehung bis zum Konsum, vom Sport bis zum Beruf und zur Sexualität. Sie alle werden gegenwärtig Imperativen der Kreativität entsprechend umgeformt.” Andreas Reckwitz: Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozess der gesellschaftlichen Ästhetisierung, Berlin 2012, S. 15. ↩
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Christopher Lasch: Das Zeitalter des Narzißmus, München 1980, S. 129, Herv. i. O. ↩
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Frank Böckelmann: Die schlechte Aufhebung der autoritären Persönlichkeit, Freiburg 1987, S. 32 f., Herv. i. O. ↩
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Ebd., S. 54, Herv. i. O. ↩
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Max Horkheimer: Autorität und Familie. In: Alfred Schmidt (Hrsg.): Kritische Theorie. Eine Dokumentation. Bd. I, Frankfurt a.M. 1968, S. 332. ↩
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Frank Böckelmann: Die schlechte Aufhebung der autoritären Persönlichkeit, Freiburg 1987, S. 17. ↩
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Ebd. 54. ↩
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Ebd., S. 54 f. ↩
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„Die gesellschaftliche Macht bedarf kaum mehr der vermittelnden Agenturen von Ich und Individualität. […] Zeitgemäß sind jene Typen, die weder ein Ich haben noch eigentlich unbewußt handeln, sondern reflexartig den objektiven Zug widerspiegeln. Gemeinsam üben sie ein sinnloses Ritual, folgen demzwanghaften Rhythmus der Wiederholung, verarmen affektiv: mit der Zerstörung des Ichs steigen der Narzißmus oderdessen kollektivistische Derivate.” Theodor W. Adorno: Zum Verhältnis von Soziologie und Psychologie. In: Tiedemann, Rolf (Hrsg.): Gesammelte Schriften, Bd. 8, Frankfurt a.M., S. 83. ↩
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Frank Böckelmann: Die schlechte Aufhebung der autoritären Persönlichkeit, Freiburg 1987, S. 54. ↩
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Sigmund Freud: Zur Einführung in den Narzißmus, Studienausgabe Bd. 3, Frankfurt a.M. 1975, S. 55. ↩
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Ebd., S. 68. ↩
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Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse, Werke Bd. 13, Frankfurt a.M. 1976, S. 124. ↩
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Ebd., S. 125. ↩
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Ebd., S. 109. ↩
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Frank Böckelmann: Die schlechte Aufhebung der autoritären Persönlichkeit, Freiburg 1987, S. 54. ↩
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Sigmund Freud: Massenpsychologie und Ich-Analyse, Werke Bd. 13, Frankfurt a.M. 1976, S. 128. ↩
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Ebd., S. 145. ↩
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Ebd. ↩
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Historisch-Kritisches Wörterbuch des Marxismus, Bd. 6.1, Hamburg, 2004, Spalten 588-592. ↩
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Vgl. Ulrich Bröckling: Das Unternehmerische Selbst, Frankfurt a. M. 2007 ↩
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Jan Gerber / Sören Pünjer: Autorität ohne Familie. Zum Veralten des autoritären Charakters, Bahamas Nr. 86, S. 59. ↩
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Sinnfälligster Ausdruck hierfür ist die elende Ausschlachtung des Orwell’schen Motivs der sublimen, ideologischen Herrschaft à la „1984”. Diese Perspektive erkennt zwar, zurecht, dass der Rückzug des Staates keine Schwächung dessen bedeutet, was Althusser als „ideologischen Staatsapparat” bezeichnete. Entsprechende „Analysen” arbeiten sich allerdings (meistens) ausschließlich an Epiphänomen, wie der veränderten Denk- und Handlungsweise des neoliberalen Individuums, ab, ohne diese allerdings mit der ökonomischen Basis einer sich transformierenden Wertform in Beziehung zu setzen. ↩
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Vgl. exemplarisch: Josef Wieland, Walter Conradi (Hg.): Corporate Citizenship. Gesellschaftliches Engagement – unternehmerischer Nutzen, Weimar 2002. ↩
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Diese Gegenüberstellung ist grundsätzlich ideologisch, weil sie den antagonistischen Charakter der Gesellschaft als innersystemisch zu harmonisieren darstellt und damit verdeckt. ↩
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Christopher Lasch: Das Zeitalter des Narzißmus, München 1980. ↩
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Vgl. Gerhard Stapelfeldt: Der gesellschaftliche Konformismus von Fridays for Future. Eine exemplarische Textanalyse, in: Initiative Sozialistisches Forum (Hg.): Ein Lichtlein für die Toten, Freiburg 2022, S. 56 f. ↩
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Gerhard Stapelfeldt: Der Geist des Widerspruchs. Studien zur Dialektik, Bd. III, Teil 2, Freiburg 2021, S. 575, Herv. i. O. ↩
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Das ethisch-moralinsaure Daherkommen des Woke Capitalism und seiner Charaktermasken basiert nicht ausschließlich auf Überheblichkeit, wie es manch reaktionärer Kulturkrieger vermutet. Die objektive Seite des zurzeit noch vorwiegend kulturell gedeuteten Phänomens ist die Erschließung neuer Verwertungsmöglichkeiten für das Kapital, seine moralische Schlagseite ergibt sich aus ihnen. ↩
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Wie diese hippe und quengelnde Form der Zwangskollektivierung daher kommt, liest sich im Selbstverständnis von Extinction Rebellion, alle Hervorhebungen durch die Autoren: „Bürgerinnenräte bzw. Bürgerräte […] stellen ein demokratisches Instrument dar, Wege aus der Klima- und ökologischen Katastrophe zu finden. […] Bürger:innenräte sind unabhängig von politischer Agenda, und lediglich den Menschen und der Demokratie selber verpflichtet sind [sic!]. Trage deshalb Du – als Mensch dieser Demokratie – sie in deinen Familien- und Freundeskreis. Oder trete an deine Bundestagsabgeordneten heran, und fordere, dass wir gemeinsam, als demokratische Gemeinschaft, die drängenden Fragen unserer Zeit lösen. Trage durch Verbreitung des Wissens von Bürger:innenräten dazu bei, dass unsere Demokratie sich weiterentwickelt, und wir gemeinsam eine Zukunft gestalten können, in der wir alle gerne leben.” https://extinctionrebellion.de/wer-wir-sind/unsere-forderungen/bv/ [Zuletzt aufgerufen: 26.01.2023]. ↩
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Uli Krug: Der Wert und das Es. Über Marxismus und Psychoanalyse in Zeiten sexueller Konterrevolution. Freiburg 2016, S. 24, Herv. i. O. ↩
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vgl. Gerhard Stapelfeld: Der gesellschaftliche Konformismus von Fridays for Future. Eine exemplarische Textanalyse, in: Initiative Sozialistisches Forum (Hg.): Ein Lichtlein für die Toten, Freiburg 2022, S. 61f. ↩
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Greta Thunberg: https://www.theguardian.com/commentisfree/2019/sep/23/world-leaders-generation-climate-breakdown-greta-thunberg [Zuletzt aufgerufen: 15.02.2023]. ↩
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Anders der autoritäre Charakter, der den Feind zur Vernichtung benötigt, um sich dadurch konformistisch und willentlich einzureihen in den Zwangszusammenhang. Der außen-geleitete Charakter, der einer Idee folgt, sieht im Feind qua moralischer Überlegenheit seiner Selbst den notwendigen Grund seiner Agitation, um nicht auf der Verliererseite zu stehen und von der er zehrt, um seinen eigenen seelischen Haushalt im Einklang zu halten. Der Klimaaktivist Moritz drückt dies folgend aus: “Im Bezug [sic] auf die Weltsituation habe ich mich auf den Protesten immer ein bisschen klein gefühlt. Ich weiß, dass Fridays for Future eine globale Bewegung ist, die sicher schon viele wichtige Politiker*innen unter Druck gesetzt und realpolitische Entscheidungen beeinflusst hat, aber was ich auf den Protesten sehe, sind am Ende auch nur Menschen mit Pappschildern und Lautsprechern, die Lieder singen oder, wie in Regensburg, Laientheater aufführen. Wenn ich an die weltweiten systemischen Probleme denke, die wir damit zu bekämpfen versuchen, komme ich mir dann oft etwas aufgeschmissen vor. Aber ich weiß, dass dieses Denken falsch ist, und dass Großproteste eines der wenigen Mittel sind, um als kleiner Mensch Wandel zu erzeugen.” https://fridaysforfuture.de/endlich-wieder-globaler-streik/ [Zuletzt aufgerufen: 25.01.2023]. ↩